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Rede zum Haushalt 2022/23!

 

Lieber Herr Bürgermeister Wörner, liebe Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kollegen und Kolleginnen des Gemeinderats, verehrtes Publikum,

 

Der diesjährige Haushalt ist in mehrfacher Hinsicht ein ganz besonderer Haushalt. Seit nunmehr zwei Jahren stecken wir in einer tiefen pandemischen Krise, die vierte Coronawelle hat uns fest im Griff. Wir sind gezwungen in Impfzentren, Testzentren, in Lüftungsanlagen für unsere Kinder zu investieren und noch in vieles mehr, von dem wir uns vor zwei Jahren noch keine Vorstellungen gemacht haben. Die Gewerbesteuereinnahmen haben sich nach dem Einbruch von 2020 in 2021 nur leicht erholt. Mit einem gleichen Niveau wie 2019 rechnen Experten erst im Jahr 2023. Geschäfte, Firmen und eine ganze Branche von Künstlern, Kulturschaffenden und Veranstaltern liegen am Boden. Viele von ihnen mussten aufgeben, viele von ihnen wissen nicht, ob sie das finanziell noch länger durchhalten. Und noch immer gibt es Personen mit verschwurbelten Theorien, die lauthals durch die Innenstädte ziehen und meinen nur weil sie laut genug schreien, haben sie Recht. So tief gespalten, wie die Gesellschaft momentan ist, habe ich es zumindest noch nie erlebt.

 

Vor diesem Hintergrund einen Haushalt zu erstellen, kommt ein klein wenig einem Drahtseilakt gleich. Und dann auch noch für zwei Jahre… das erfordert Mut. Wer weiß schon, wie lange wir noch mit Corona leben müssen, wer weiß schon was uns in den nächsten Jahren erwartet.

 

Und ich gebe Ihnen, Herr Baier, Recht, wenn sie in Ihren Vorbemerkungen zum Haushalt schreiben „Die Corona Pandemie stellt die Gemeinden vor große Herausforderungen und anders als noch in 2020 und 2021 als der Bund und das Land den Kommunen noch finanziell unter die Arme gegriffen hat, sind zumindest zum momentanen Zeitpunkt für 2022 keine Bund-/Land-Zuschüsse in Sicht.“

 

Und doch haben wir von der FWV immer einen Doppelhaushalt befürwortet.  Er gibt Ihnen von der Verwaltung, uns Gemeinderätinnen und Räten und auch der Bevölkerung ein Werk an die Hand, in dem die große Richtung, wo soll die Reise hin gehen, drin steht. Es ist ein Planungswerk über zwei Jahre mit dem verlässlich gearbeitet werden kann.

Und wir müssen nicht in jedem Jahr von neuem über den Haushalt beraten. Wenn ich bedenke, dass bislang die Verwaltung quasi ab den Sommerferien mit dem nächstjährigen Haushalt beschäftigt war, dann werden jetzt Ressourcen frei, die für andere Aufgaben besser genutzt werden können.

Zumal wir durch das Integrierte Stadtentwicklungskonzept – ISEK – ohnehin eine Richtung für die nächsten Jahre vorgegeben haben.

 

Ein zwei Jahres-Plan erfordert aber auch ein umso genaueres Hinsehen, wie wir die Investitionen verteilen.

 

An dieser Stelle erlauben Sie mir die Bemerkung, es ist gut, dass wir in Pfullingen mit unserem neuen Bürgermeister, mit den Damen und Herren der Verwaltung und mit den

 

Kollegen und Kolleginnen des Gemeinderats ein gutes und konstruktives Miteinander pflegen. Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam in die richtige Richtung marschieren.

 

Erlauben Sie mir also ein etwas genaueres Betrachten des Haushalts.

 

Wir haben zum Jahresende 2021 liquide Mittel von runden 13.5 Millionen Euro.

Allerdings haben wir noch keine Jahresendrechnung von 2019 und können somit noch gar nicht genau sagen, wie die Eröffnungsbilanz von 2020 aussieht. Das heißt für mich: Wir haben immer noch keine verlässlichen Zahlen!

Was wir aber jetzt schon wissen, wir planen eine Kreditaufnahme im nächsten Jahr von 2 Millionen Euro und für 2023 von 6 Millionen Euro!

Allein die Baumaßnahmen kosten 2022 knapp 10 Millionen und 2023 14,5 Millionen Euro!

Planungsstand heute! Wie wir wissen, steigen die Energie- und Rohstoffkosten aber gerade kontinuierlich, will heißen die 14,5 Millionen reichen wahrscheinlich nicht aus.

 

Die pro Kopfverschuldung steigt von 2021 von 635,00 Euro pro Kopf auf 2023: 920,00 Euro das ist ein Plus um circa 50%!

Wir haben zwar noch hohe Rücklagen, aber wir haben in den nächsten 5 Jahren auch einen erhöhten Finanzierungsbedarf in Höhe von 13 Millionen Euro.

Dazu kommen (wie oben schon kurz erwähnt) Maßnahmen, die zwar gefördert werden, wie die RLT Anlagen, der Digitalpakt Schule, Schülerendgeräte usw., die aber auch laufende Kosten verursachen.

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Uns ist bewusst, dass der überwiegende Teil der Kosten in Projekte aus dem ISEK Prozess gehen. Diese Projekte tragen wir von der FWV voll und ganz mit. Aber ich möchte noch einmal betonen, wir haben das Integrierte Stadtentwicklungskonzept 2035 genannt, das heißt wir können die Maßnahmen auf mehrere Jahre verteilen, es muss nicht alles in den nächsten zwei Jahren begonnen werden.

Ich möchte da an alle appellieren, sich ein wenig in Geduld zu üben. Aber wir sind überzeugt davon, „Wir schaffen das“ um es mit Angela Merkel zu sagen. Wir schaffen diesen finanziellen Kraftaufwand und letztendlich profitieren alle von den Maßnahmen, sie bringen Pfullingen weiter, bringen die Stadt voran und machen sie für jeden einzelnen attraktiver!

 

Einige Projekte sind bereits angestoßen. Wie beispielsweise die Sanierung der Pfullinger Hallen und der Anbau der Klosterkirche. Nach langem Ringen ist dieses Projekt nun auf dem Weg. Wir freuen uns, dass diesbezüglich alle Steine aus dem Weg geräumt sind und wir mit dem Anbau beginnen können, zumal wir für die Erhaltung des historisch so einmalige Klosterareals Fördermittel erhalten, die wenn wir sie nicht rechtzeitig abrufen, sich quasi in Luft auflösen. Das Gleiche gilt übrigens für den Lindenplatz, für den allerdings leider noch keine Lösung in Sicht ist.

 

Auch das Mobilitätskonzept, eine alte Forderung der FWV, ist nun beauftragt und wir sind gespannt auf das Ergebnis. Wichtig ist uns, dass es ein Konzept für alle Verkehrsteilnehmer gibt, vom Fußgänger, dem Radfahrer, dem ÖPNV bis hin zum Autoverkehr.

 

Noch ein Wort zur Musikschule:

Die Musikschule muss aus dem Schloss raus! Wenn ich mir überlege, wie die Kinder Tag ein Tag aus für ihre Musikstunde die steile Wendetreppe nach oben klettern müssen, wird es mir ganz schwindelig. Und es ist geradezu ein Wunder, dass dort noch nie etwas passiert ist. In Zimmern bröckelt der Putz von der Wand, beheizt wird noch mit alten Öfen und durch die Fenster zieht es wie Hechtsuppe.

Hier muss schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden.

 

Kinder sind unsere Zukunft, und wir müssen diesen Kindern und den Eltern der Kinder was bieten, sonst ziehen sie nämlich weg. Wir sind daher dankbar, dass die Verwaltung weiter in den Ausbau der Kinderbetreuung und in Spielplätze investieren wird. 

Damit einhergehende ist der Ausbau von weiteren Wohnungen für Pfullingen wichtig. Mit dem Handlungsprogramm Wohnen, das vor einigen Jahren verabschiedet worden war, haben wir schon einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung unternommen. Jetzt könnte eine, vom Bürgermeister vorgeschlagene Wohnbaugesellschaft den Weg weisen, damit wir künftig auch Wohnungen für Familien anbieten können, die kein Spitzeneinkommen nachweisen können.

 

Als sehr positiv sehen wir von der FWV es auch an, dass wir für das geplante Gewerbegebiet unter den Wegen II für die Erschließung in den nächsten zwei Jahren 2 Mio. Euro in den Haushalt eingeplant haben.

Erst letzte Woche vermeldet die IHK Reutlingen, dass das Gründungsgeschehen wieder zugenommen hat. Von diesem Zuwachs profitiert der Landkreis und natürlich auch die Gemeinden.

Wenn wir aber den Gründern, und damit auch den Unternehmen nichts bieten, dann zieht dieser Zug an uns vorbei.

Und noch ein Beispiel will ich anführen, vor zwei Wochen hatte die Gemeinde Pfullingen einen Gewerbebauplatz zu vergeben. Für diesen Bauplatz gab es über 20 Bewerbungen davon 16 Bewerbungen von Gewerbetreibenden aus Pfullingen. Sie sehen also der Bedarf ist da. Bekommen diese Interessenten keinen Bauplatz in Pfullingen, dann sind sie irgendwann weg, weil andere Gemeinden - Nachbargemeinden - Gewerbeplätze anbieten. Der Konkurrenzkampf unter den Gemeinden ist auch da groß. Und wenn die Gewerbe wegbrechen, dann bricht langfristig auch die Gewerbesteuer ein, und dann brauchen wir über künftige Investitionen …. gar nicht mehr nachdenken.

 

Wir sind hier in Pfullingen aber auf einem guten Weg!

Bei all diesen Überlegungen und Planungen dürfen wir eines nicht vergessen. Wir haben eine große Verantwortung gegenüber unseren Kindern und den nachfolgenden Generationen. Aus diesem Grund dürfen wir die Nachhaltigkeit einer Gemeinde nie aus den Augen verlieren. Und eine nachhaltige Gemeinde ist nur dann nachhaltig, wenn Ökologie, Ökonomie und das Sozialsystem im Gleichgewicht sind und zusammenpassen.

 

In diesem Sinn wünsche ich uns gute Entscheidungen zum Wohl der Stadt Pfullingen und ihren Bürgern und Bürgerinnen.

 

Einen ganz herzlichen Dank an den Stadtkämmerer Herr Baier und Frau Melzer für das Erarbeiten des Haushalts, danke den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit.  Und danke an alle Gemeinderatskollegen und Kolleginnen mit denen man immer kräftig diskutieren kann, aber immer fair und konstruktiv.

 

Wir von der FWV wünschen allen frohe Weihnachten, einen guten Start ins neue Jahr verbunden mit der Hoffnung, dass wir die vierte Coronawelle gut überstehen, endlich raus aus dem Homeoffice kommen und unser früheres Leben bald wieder aufnehmen können.

 

Für die FWV

Britta Wayand

Christine Böhmler, Christine Zössmayr und Uwe Wohlfahrt

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