Haushaltsrede 2021!
Der Haushalt einer Gemeinde ist sozusagen das Herzstück einer Gemeinde, er spiegelt die vergangenen Jahre wieder, ist Leitwerk für das kommende Jahr und ein umfangreiches und fundiertes Zahlenwerk, das die Finanzen der Stadt, das Soll und Haben widerspiegelt. Und dennoch ist dieses Werk auch immer eine Momentaufnahme, ein Planungswerk das schon morgen verändert oder sogar hinfällig sein kann.
Schmerzlich bewusst ist uns allen das im vergangenen Jahr geworden. Voller Tatendrang waren wir alle sozusagen unter dem Eindruck des erst kürzlich abgeschlossenen ISEK Prozesses. Gemeinsam mit Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen Pfullingen haben wir schöne, sinnvolle, wichtige und dringend notwendige Projekte erarbeitet, die wir der Gemeinderat und die Verwaltung unterstützen und zügig auf den Weg bringen wollten. Dann kam – wir erinnern uns- im Januar/Februar Corona, im März dann der erste Lockdown. Unsere Geschäfte und Unternehmen mussten schließen, Schulen und Kindergärten ebenfalls, Restaurants, Bars alles zu, Mütter und Väter wurden ins homeoffice geschickt.
Unser Leben wurde von einem auf den anderen Tag auf den Kopf gestellt, quasi nichts war mehr so wie vorher.
Die Stadt Pfullingen hat damals schnell reagiert, eine Notbetreuung für die Kinder eingerichtet für Eltern, die nicht mal so schnell zu Hause bleiben konnten. Von Bund und Land kamen – wenn auch schleppende – finanzielle Hilfen. Dann kam wieder die Öffnung, schon hatte man die Hoffnung, alles nur halb so schlimm.
Im Nachtragshaushalt im September schien es noch, als kämen wir mit einem blauen Auge davon. Dann stiegen die Corona Zahlen wieder neu an. Im November der zweite Lockdown mit kurzer Unterbrechung an Weihnachten, bis heute.
Wieder alles zu, wieder im homeoffice, wieder die Kinder zu Hause oder in der Notbetreuung. Doch diesmal ist es anders!
Es gibt eine Impfung! Und mit ihr ein Licht am Ende des Tunnels. Mit etwas Glück ist Corona im Sommer zumindest so weit eingedämmt, dass wir unser normales Leben wieder aufnehmen können.
Aber was ist dann normal?? Für viele Unternehmen, kleine Geschäfte, Selbständige, Künstler, Veranstalter, Restaurants usw. usw. ist es dann vorbei! Buchstäblich! Viele haben den Lockdown finanziell nicht überlebt, viele vielleicht nur knapp, weil sie Coronahilfen erhalten haben (worauf manche im Übrigen immer noch warten!).
Und die Gemeinde? Und damit komme ich zurück auf unseren Haushalt, was macht die Gemeinde?
Sind wir im vergangenen Jahr 2020 noch mit einem blauen Auge davon gekommen, weil auch die Gemeinde finanzielle Unterstützung von Bund und Land erhalten hatte, werden die Hilfen im vorliegenden Haushaltsjahr 2021 nicht mehr zu erwarten sein (Stand heute)!
Pfullingen wird durch die sinkenden Gewerbesteuereinnahmen schwere finanzielle Einbußen erleben.
Die Einnahmen werden die laufenden Aufwendungen nicht mehr decken! Herr Baier hat es in seinem Haushaltsbericht geschrieben, die Aufwendungen übersteigen die Einnahmen um runde 1,9 Millionen Euro. Natürlich profitiert die Stadt zurzeit noch von ihren Rücklagen, rund 15 Millionen Euro. Allerdings sind diese Rücklagen schnell aufgebraucht, vorausgesetzt wir setzen alles um, was geplant ist.
Nochmal: die laufenden Kosten übersteigen die Einnahmen der Stadt! Bei jedem privaten Haushalt würde man sagen, du gibst nur das aus, was du auch verdienst, deshalb müssen wir bei der Stadt auf die Kostenbremse drücken!!
Wie erreichen wir das?
Wir haben im vergangenen Jahr viele Projekte angestoßen, die überwiegend aus dem ISEK Prozess entstanden sind
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Die Sanierung Klosterkirche
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Der Kunstrasenplatz am Eierbach
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Die Sanierung der Kurt App Sporthalle
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Der Ausbau der Rathausarkaden zum Bürgerbüro
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Die Marktplatzsanierung
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Die Sanierung Schloss
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Der Neubau bzw. die Erweiterung des Rathauses usw.
Doch um Einsparungen vornehmen zu können, müssen wir zum einen einige dieser Projekte in die Zukunft verschieben aber auch die laufenden Kosten des städtischen Haushalts deckeln.
Wir stecken noch mitten in der Umstrukturierung unserer Verwaltung. Die Verwaltung soll moderner aufgestellt werden. Arbeitsabläufe werden optimiert und umstrukturiert.
Diese Umstrukturierung erfordert an mancher Stelle mehr Personal, was zwar zunächst mehr Kosten verursacht. Jedoch erwarten wir von der FWV, dass dadurch externe Berater, die zurzeit noch teuer von der Stadt eingekauft werden müssen, wieder eingespart werden können.
Wir werden in nächster Zeit viele verschiedene Stellenausschreibungen veröffentlichen und erhoffen uns viele Bewerber, die mit uns die Stadt voranbringen. Schließlich ist Pfullingen – die Stadt Pfullingen - ein attraktiver Arbeitgeber. Eine Umstrukturierung ist auch immer ein Stückweit ein Neuanfang, bei dem jeder/jede die Zukunft einer Stadt mitgestalten kann.
Wir waren also sehr fleißig im vergangenen Jahr, jetzt müssen wir aber schauen, dass wir diese vielen Projekte priorisieren! Hierfür hat die Verwaltung dankenswerter Weise eine Klausurtagung bereits im April anberaumt. Das ist gut so und dringend erforderlich.
Denn, wie gesagt, wir werden im laufenden Jahr mit finanziellen Einbußen aufgrund von Corona und seinen Folgen rechnen müssen.
Wie diese Priorisierung aussehen kann, darüber gehen naturgemäß die Meinungen auseinander.
Die FWV wäre zum Beispiel dafür, die Marktplatzsanierung weiter nach hinten zu verschieben. Diese soll uns immerhin 3,7 Millionen Euro kosten! Außerdem hat sich in den letzten Monaten gezeigt, dass hier noch erheblicher Aufklärungsbedarf ist.
Der Marktplatz ist quasi das Herzstück unserer Stadt. Hier findet jeden Freitag der Wochenmarkt statt, hier findet so manch eine Vereinsveranstaltung statt, der Frühlingsmarkt, der Kreativmarkt und nicht zu Letzt der Weihnachtsmarkt. Wie emotional die Diskussion rund um unseren Marktplatz geführt wird, zeigt sich auch an den zahlreichen Leserbriefen zu den Bäumen an der Martinskirche.
Warum sollen wir also nicht, für dieses Herzstück unserer Stadt nochmal eine Extrarunde drehen, und zum Beispiel die Pläne noch einmal auslegen, oder eine Bürgeranhörung dazu veranstalten.
Es ist natürlich klar, dass dies in Zeiten von Corona schwierig ist, aber es ist nicht unmöglich!
Kommen wir zum Schloss. Wir brauchen dringend eine Lösung für das Schloss, hier gehen unsere Kinder täglich ein und aus. Allein die Wendeltreppe in die oberen Unterrichtsräume ist furchtbar und es ist schlimm wie marode und runtergekommen die Räume selber aussehen. Es ist deshalb gut und richtig, dass hier im Haushalt eine Planungsrate von 50 000 Euro eingestellt ist.
Auch ein Bürgerbüro das erstens barrierefrei ist und zweitens bürgerfreundliche Öffnungszeiten vorweisen kann, ist für eine Stadt mit annähernd 19.000 Bürgern und Bürgerinnen längst überfällig. Die FWV wird sich daher verstärkt für die zeitnahe Umsetzung des Bürgerbüros in den Rathausarkaden einsetzen.
Trotz der angespannten finanziellen Lage durch Corona, sind diese Maßnahmen wichtig und notwendig. Weil sie unsere Stadt bürgerfreundlicher und damit auch attraktiver für alle macht, Alteingesessene und neu Hinzugezogene.
Und noch etwas macht eine Stadt attraktiv für Neubürger:
Eine gute und verlässliche Kinderbetreuung, Kindergarten- und Kitaplätze. Die FWV befürwortet daher ausdrücklich die Erweiterung, bzw. den Ausbau der Kinderbetreuung. Wie wichtig eine verlässliche Kinderbetreuung ist, wissen wir alle spätestens seit Homeoffice und Corona!
In diesem Zusammenhang eine kurze Randbemerkung: Es ist schön zu hören und zu lesen, dass ein Projekt das viele Jahre auch von der FWV vorangetrieben wurde, endlich zum Abschluss gekommen ist, nämlich die Sanierung des Daches der Laiblinschule. - Herzlichen DANK!
Auch begrüßen wir es ausdrücklich, dass für den Masterplan zur Mobilität im laufenden Haushalt 80.000 Euro eingestellt sind. Die FWV hatte ja schon im vergangenen Jahr, den Antrag gestellt ein Büro zu beauftragen das ein umfassendes Mobilitätskonzept erstellt, das die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer usw. berücksichtigt. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, dass bitte auch die Beleuchtung der Radwege insbesondere des Radwegs „alte Bahntrasse“ nicht vergessen wird. Hier ist bislang meines Wissens noch nichts geschehen. (Gestern konnten wir in der Zeitung lesen, dass es offensichtlich auch in der Seitenstraße Klärungsbedarf gibt. Dass Autofahrer, Fußgänger, Radfahrer sich offensichtlich dort gegenseitig behindern.)
Diese ganzen Projekte werden uns in den nächsten Jahren viel Geld kosten! Klar es ist schön, wenn man ein Ziel vor Augen hat, und wenn man sieht: es geht in der Stadt voran, wir verwalten nicht den Stillstand. ABER: Diese Projekte müssen alle auch finanziert werden!
Und noch einmal: wir haben immer noch eine Pandemie, wir haben Geschäfte im Lockdown, wir wissen nicht, welche Kosten noch auf uns zukommen, es wird also definitiv kein leichtes Jahr werden.
Hinzu kommt, dass wir in diesem Jahr nicht nur eine Jugendgemeinderatswahl haben sondern auch eine Bürgermeisterwahl im Frühjahr.
Für den Jugendgemeinderat wünschen wir uns eine große Bewerberauswahl, sowie eine große Wahlbeteiligung. Die Jugend soll ihre Stadt mitprägen und mitbestimmen. Es klingt schon ein wenig abgedroschen aber: die Jugend ist unsere Zukunft, und wir von der FWV erhoffen uns wichtige Impulse vom Jugendgemeinderat. Das geht aber nur, wenn wir uns enger verzahnen, wenn der Jugendgemeinderat mit dem alten Gemeinderat enger zusammentrifft!! Auch hier wünscht sich die FWV gemeinsame Treffen und einen Ideenaustausch.
Für die Bürgermeisterkandidaten und -kandidatinnen wünschen wir uns eine Persönlichkeit mit Ideen und Vorstellungen für eine nachhaltige Kommune. Der die Wirtschaft und das Gewerbe unterstützt,
die Naturwaldgemeinde Pfullingen prägt und das Leben für jeden Einzelnen in Pfullingen lebenswert macht. So wie das die FWV schon in den vergangenen Jahren gefordert hat, eine Stadt, die die Ökologie, die Ökonomie sowie die nachhaltige Kommunalentwicklung langfristig prägt.
Es wird spannend welche Kandidaten/welche Kandidatinnen sich in Pfullingen vorstellen. Und welche langfristigen Pläne der künftig gewählte Bürgermeister oder die Bürgermeisterin haben.
Wie können wir die Projekte finanzieren?
Es muss jedem klar sein, die Projekte aus ISEK können nicht alle in den nächsten ein bis zwei Jahren realisiert werden, es heißt ja auch ISEK 35 und nicht ISEK 25, wir dürfen uns also durchaus 15 Jahre Zeit lassen für die Realisierung.
Entzerren der ISEK Projekte plus eine effektivere Stadtverwaltung, sind zwei Faktoren die zu Einsparungen führen müssen. Das wird aber nicht reichen!
Also wird die Stadt nicht um die Erhöhung ihrer Einnahmen drum rum kommen. Hier wäre zum Beispiel eine Anpassung der städtischen Mieten denkbar, eine Budgetierung verschiedener Einrichtungen oder eine maßvolle Anpassung der Gebühren, selbstverständlich sozial verträglich und gestaffelt.
Solche Entscheidungen sind natürlich nie beliebt und erfordern Mut sie durchzusetzen, schließlich muss jeder einzelne Gemeinderat/jede einzelne Gemeinderätin die Entscheidung auch öffentlich vertreten. Aber mit einem Eierkurs nach dem Motto: „Ja-oder vielleicht doch lieber nein“ ist niemandem gedient.
In diesem Sinn wünsche ich uns gute Entscheidungen zum Wohl der Stadt Pfullingen und ihren Bürgern und Bürgerinnen.
Einen ganz herzlichen Dank an den Stadtkämmerer Herr Baier und sein Team für das Erarbeiten des Haushalts, danke den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Verwaltung, mit denen wir Gemeinderäte und Rätinnen immer gut und konstruktiv zusammenarbeiten können. Und schließlich einen herzlichen Dank an dich Martin, du hast im letzten Jahr einen ganz hervorragenden Job gemacht und die seit vergangenem Juni führungslose Stadt in ruhigeres Fahrwasser gelenkt.
Wir, von der FWV können dem Haushaltsplan 2021 voll und ganz zustimmen.
Für die FWV
Britta Wayand